18.6.– 24.7.2022

Markt 1 geöffnet Sa. und So. von 14:00 – 17:30 Uhr und nach Vereinbarung

Anfragen:
kontakt@kulturnetz-oberes-mittelrheintal.org


Es ist uns ein Anliegen, mit ‚Menschen, Stimmen, Erinnerungen‘ dem Ausstellungsparcours ‚Verluste‘ persönliche und subjektive Betrachtungen aus der Bevölkerung (jüdisch und nichtjüdisch) hinzuzufügen. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit jüdischer Tradi­tion, Lebensgeschichten, mit der Rekonstruktion von Synagogen oder dem verhängnisvollen Wernerkult, der im mittelalterlichen Oberwesel und Bacharach seinen Anfang nahm. Unser Augenmerk liegt auf der Zeit des Nationalsozia­lismus, auf den Phänomenen der Ausgrenzung und auf der aus heutiger Sicht schockierenden Selbstverständlichkeit und Blindheit der damaligen Zeitgenossen. Erstmalig liegt in einer Markt1-Ausstellung der Schwerpunkt auf Texten. Wir versuchen diese in die Gegenwart zu retten, um mit Ihnen zum Nachdenken anzuregen.


Vernissage am 18.6. um 15 Uhr im Kulturhaus Oberwesel

Mit einem Vortrag von Prof. Dr. Alexander Lohner: Der heilige Werner – und kein Ende? Fördert oder toleriert die römisch-katholische Kirche auch heute noch judenfeindliche Narrative? Eine kritische Analyse.
Anmeldung erforderlich unter: info@kulturhaus-oberwesel.de | Betreff: „Vernissage 18.06.

Finissage am 23.7. um 14 Uhr in der Wernerkapelle, Bacharach

Abschlusskonzert: Jiddische Lieder vorgetragen von Joscha Zmarzlik (Gesang und Klarinette), begleitet von Christian Reck (Piano) | Eintritt frei (ohne Kontrolle, Freiluft-­Veranstaltung)

Ausgrenzung und Verfolgung

Im 18. und 19. Jahrhundert siedelten sich viele jüdische Familien, sogenannte Landjuden, im Hunsrück und am Mittelrhein an und fanden hier ihre Heimat. Ende des 19. Jahrhunderts verschärfte sich allerdings der nie ganz verschwundene Antisemitismus und kulminierte zwischen den nationalsozialistischen Jahren 1933–1945 in der unerbittlichen Diskriminierung, Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung des jüdischen Teils unserer deutschen Bevölkerung. Juden wurden schrittweise aus ihrem Alltag gerissen, von der Gesellschaft regelrecht ausge­stoßen, ihrer Besitztümer enteignet. In seiner Radikalität der Judenvernichtung bleibt der deutsche Nationalsozialismus gewiss einzigartig, jedoch sind ähnliche Phänomene der Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung weltweit bis heute zu beobachten.


Im Rahmen des letztjährigen Jubiläums „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ wurde dieser Ausstellungsparcours geplant. Dies erklärt, warum unser Focus auf den jüdischen Opfern und deren Erinnerungen und Erlebnissen liegt. Dies soll keinesfalls NS-Opfer auf nichtjüdischer Seite, beispielsweise die in Hadamar Ermordeten, marginalisieren. Von der Ausgrenzung über die Diskriminierung bis hin zum Mord ist nur ein kurzer Weg – wie die vielen zivilen Opfer im heutigen Ukraine-Krieg beweisen.

»Wenn Leo weg ist, wird es ein trauriges Leben bei uns werden. Und wer macht dann unser Heu? Ida Grünewald an ihre Söhne in Südafrika, 1939, Rheinböllen“


Unser Wunsch

Die Sensibilität für Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung wach zu halten, auch und vor allem bei der jüngeren Generation, ist unser Ziel. Mit der Präsentation von Erinnerungen, Fotografien, Zitaten aus der Presse, aus Briefen und Texten der damaligen jüdischen Bevölkerung sowie von hiesigen Zeitzeugen wollen wir begreifbar machen, wie gefährlich kritikloses Mitläufertum und empathieloses Handeln sind.

„Was ist mit euch? Wo seid ihr? Ich möchte euch fragen, fragen und nur wieder fragen. Gebt mir bitte sofort Antwort und eure Adresse. Lebt ihr noch??? Ich kann mich gar nicht über alles Geschehene beruhigen!“

Wilma Ermann am 19. Oktober 1941 aus Stockholm an ihre Eltern in Rhaunen. Die Karte ging zurück mit dem Stempel: „Abgereist ohne Angabe der Adresse“.


Jüdisches Leben am Mittelrhein (Webseite & Programmheft zum Download)

Dank

Der gesamte Ausstellungsparcours zu jüdischem Leben am Mittelrhein inklusive unseres Ausstellungsbeitrags wird gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein sowie von der Amadeu Antonio-Stiftung
Diese Ausstellung findet statt in Kooperation mit dem Kulturnetz Oberes Mittelrheintal e.V. (kurz K.O.M.).