Die Fenster im kleinen Haus am Waldrand
20.8.– 08.10.2022
Markt 1 geöffnet nach VereinbarungWir freuen uns sehr, nach dem Fotografen Benjamin May mit Isabel Antonio eine weitere Wahl-Bacharacherin ausstellen zu dürfen.
Isabel Antonio sagt selbst über sich und ihr Schaffen:
„Kunst ist für mich eine der schönsten Arten all die Dinge zu kommunizieren, die ich in der Welt und in mir selbst wahrnehme. Mit der Malerei habe ich mich auf eine Reise begeben, auf der ich immer wieder neue Welten entdecke. Zuletzt hat mich diese Reise ins wunderschöne Bacharach geführt, wo ich nun seit etwa einem Jahr lebe und arbeite.“
Zur Vernissage am 20. August um 15:00 Uhr wird Isabel ihren Text „Die Fenster im kleinen Haus am Waldrand“ lesen, der direkt korrespondiert mit ihren in Markt 1 und in Schaufenstern Bacharachs ausgestellten Bildern:
Die Fenster im kleinen Haus am Waldrand
Ich war eben losgezogen, um mein Glück in der Welt zu suchen und wanderte stromabwärts, vorbei an kahlen Hügeln und schroffen Felsen, bis ich zu einem kleinen, wunderlichen Städtchen gelangte. Es lag verschlafen unter einer Nebeldecke und schien mit leiser Stimme nach mir zu rufen, also beschloss ich, mich etwas umzuschauen. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, eingehüllt in ihre dicken Mäntel und Schals. Sie nahmen mich kaum wahr und schienen alle auf abwesende Weise ein Gespräch mit sich selbst zu führen. Da begegnete ich einer alten Frau mit langen weißen Haaren. Sie erschrak kurz, als sie mich sah, dann verfinsterte sich ihr Gesicht. „Was hast du hier zu suchen?“ fragte sie mit eindringlicher Stimme. „Mir war, als hätte die Stadt mich gerufen“ erwiderte ich. „Dann solltest du wissen, dass dieser Ort verflucht ist! Man nennt ihn ringsumher ‚Die Stadt der Traumwandler‘. Warum, fragst du? Nun, vor vielen Jahren lebte hier eine mächtige Zauberin in einem kleinen Haus am Rande des Waldes, zusammen mit ihren Raben. Sie war der Kräuterheilkunst kundig und konnte die Geister des Waldes beschwören. Die Bewohner der Stadt misstrauten ihr, da diese Magie ihnen fremd war. Man begann, furchterregende Geschichten über die Zauberin zu verbreiten und spann so ein dunkles Netz, in welchem sie einsam und traurig wurde und schließlich verging. An ihrer Stelle blieb ein Fluch, der bewirkt, dass die Bewohner der Stadt sich bis zum heutigen Tage in ihren eigenen traurigen Märchen verirren.“ „Wie ist das möglich?“ fragte ich. „Sie haben alle vergessen, dass sie sich selbst eine Geschichte über ihr Leben erzählen und können deshalb nicht damit aufhören. Auch du wandelst bereits verirrt in solch einem Traum.“ „Das alles ist nur ein Traum?“ dachte ich bestürzt und fragte: „Kann man denn etwas dagegen unternehmen?“ Die Alte nickte: „Es gibt viele Wege und jeder mag seinen eigenen finden.“ Ich überlegte kurz und sagte dann entschlossen: „Ich will es versuchen!“ „Dann folge mir!“ Die Alte führte mich zu einer Treppe, einen bewaldeten Hang hinauf, über ein Feld zu einem kleinen Haus am Waldrand. Sie ließ mich hinein und schloss die Tür hinter uns. Es herrschte vollkommene Dunkelheit. „Und, kannst du es sehen?“ tönte die Stimme der Alten neben mir. „Ich kann gar nichts sehen!“ rief ich etwas nervös. „Schau nochmal genau hin!“ sagte sie. Ich starrte in die Dunkelheit. Da erschien vor meinen Augen ein hölzerner Fensterrahmen, mit zwei geschlossenen Läden und nach und nach weitere dieser geschlossenen Fenster in einer Reihe, die kein Ende zu nehmen schien. „Es beginnt damit, zu sehen“ sagte die Alte, deren Stimme auf einmal merkwürdig jung klang. Ich trete einen Schritt nach vorne, öffne die Fensterläden und herein strömen wärmendes Sonnenlicht und bunte Farben.Text ©Isabel Antonio, 2021
Isabel Antonio
Isabel Antonio hat im Sommer 2019 ihr Studium der zeitbasierten Medien an der Hochschule Mainz abgeschlossen und widmet sich seitdem vor allem der Malerei und der Kunst des Lebens.
Diese Ausstellung findet statt in Kooperation mit dem Kulturnetz Oberes Mittelrheintal e.V. (kurz K.O.M.)
Flyer zur Ausstellung
Webseite von Isabel Antonio